Armin Maiwald – die Stimme der Sendung mit der Maus

Armin Maiwald

 

Brückengespräch am 26. Februar 2016 in Regensburg

Armin MaiwaldWir befinden uns heute hier in der Regensburger Altstadt, im Herzen des Unesco-Weltkulturerbes. Als gebürtiger Kölner sind Ihnen alte römische Städte ja vertraut. Waren Sie schon einmal hier und was löst es in Ihnen aus, wenn Sie durch diese engen Gässchen mit ihren alten Kopfsteinpflastern spazieren? Mischen sich da auch Heimatgefühle drunter?

Armin Maiwald: Ja, ich war schon mal in Regensburg, vor 10 oder 15 Jahren. Dort hatten wir einen Dreh zum „Alten Reichstag“, der ja vor vielen Hundert Jahren auch einmal in Regensburg stattgefunden hat und dazu habe ich dann das „Alte Rathaus“ fotografiert und die „Steinerne Brücke“. Und die Gässchen und Kopfsteinpflaster: ja, die sind mir von zuhause natürlich auch völlig geläufig, aber bei uns in Köln wirkt es touristischer. Die römischen Städte kenne ich aber auch deswegen ganz gut, weil ich in Köln die Überreste der römischen Stadtmauer dokumentiert habe und das war eine schier endlose archäologische Arbeit in zahllosen Kölner Kellern.

Und stellt sich da auch so etwas wie ein Heimatgefühl ein, wenn Sie durch Regensburg gehen und vor dem „kleinen Kölner Dom“ stehen?

Armin MaiwaldArmin Maiwald: Klar, man könnte sagen: von der Domstadt in die Domstadt. Die sehen sich ja sehr ähnlich und als ich beim Frühstück gesessen bin und ein Bild von den Wasserspeiern gesehen habe, da musste ich schon genauer hinschauen, ob das nun Köln zeigt oder Regensburg. Also ja: hier kann man sich schon wohlfühlen!

Sie sind über eine Statistentätigkeit und die Theatertechnik ganz langsam in die Rollen auf und an der Bühne hineingewachsen. Heute machen Sie sich mit einem Millionenpublikum wöchentlich auf Entdeckungsreise. Ist auch das über diese lange Zeit zur Routine geworden oder stellen Sie manchmal vielleicht auch noch etwas überrascht fest, dass Sie selbst hinter dieser so wohlvertrauten Stimme stecken? Haben Sie sich trotz der ganzen Abwechslung Ihres Programms schon an den vielen Trouble gewöhnt?

Armin Maiwald: Also, zum großen Teil gewöhnt man sich dran. Ich kann mich aber noch gut daran erinnern, als mich der erste Mensch angesprochen hat, der ein Autogramm von mir wollte, da hab ich mich erst einmal umgedreht und hab hinter mich geschaut, ob da jemand Berühmtes steht. Ich hab das gar nicht geglaubt, dass jemand ein Autogramm von mir wollte – war aber so. Mittlerweile ist es so, dass ich durch das Fernsehen vielen Leuten bekannt bin und da gewöhnt man sich im Laufe der Zeit an den Rummel. Aber diese Medaille hat auch eine zweite Seite: da muss ich mir klar sein, dass man permanent unter Beobachtung steht und sich die Öffentlichkeit für mein Leben interessiert. Da war es z.B. mal so, dass ich in Köln auf der „Breiten Straße“ in einem Café draußen gesessen bin und dort geraucht habe. Schnell war einer da und meinte, das sei kein gutes Vorbild, wenn ich hier rauche. – Privatleben findet dann also eher im gemäßigten Rahmen statt und da muss man sich erst dran gewöhnen.

Armin MaiwaldUnd zu der Frage nach meinem Werdegang: das war ein langer Weg und am Anfang wusste ich nicht, ob ich in Richtung „Theater“ oder eher in Richtung „Fernsehen“ gehen sollte. Ich war zum ersten Mal mit 16 Jahren in einem Fernsehstudio und davor kannte ich nur die Bühne, als Statist im Opernhaus und so – das war schon sehr interessant. Die Entscheidung, was für mich spannender ist, hab ich immer wieder aufgeschoben, bis ich mich dann irgendwann mal nach dem 4. Semester an der Uni als Regieassistent beworben habe – und natürlich als einer von 800 Bewerbern eine Absage erhalten hab.

Weil ich zu der Zeit aber schon als Kabelhelfer gearbeitet habe, habe ich neben zwei Kameraleuten auch Hanno Brühl, den Vater von Daniel Brühl, gekannt und mit denen habe ich den wahrscheinlich ersten, freiproduzierten Film in Köln gemacht. Mit null Etat. Die haben mich gefragt, ob ich das machen würde und obwohl ich nichts verdienen konnte, wollte ich das machen. Den Film haben wir also produziert und auch an den WDR verkauft und als dann alle Schulden bezahlt waren, blieben für jeden noch 250 Mark über. Ein unheimlicher Reichtum damals. Und Hanno Brühl, der damals schon Regieassistent beim Sender war, hat mich dann weiterempfohlen und daraufhin habe ich an meinem 23. Geburtstag von zwei Abteilungen gleichzeitig eine Einladung zur Vorstellung bekommen. Das war natürlich wie ein 6er im Lotto. Und so wurde ich zweiter und dann schnell erster Regieassistent und mit 25 Jahren durfte ich zum ersten Mal selbst Regie führen, was total außergewöhnlich war. Und so habe ich meine Entscheidung fürs Fernsehen auch schnell getroffen. Das Theater wäre nicht mein Weg gewesen.

„Die Sendung mit der Maus“ oder die „Lach- und Sachgeschichten“, wie sie zu Beginn hießen, sind ganz eng mit Ihnen verbunden. Sie sind Miterfinder und eine Stimme, die seit knapp einem halben Jahrhundert Menschen begeistert und gestern Abend auch 160 Menschen ins Donaueinkaufszentrum gelockt hat. Was denken Sie können Sie besonders gut, was die Menschen so in den Bann zieht und welche Rolle spielt dabei Ihre Stimme, auch im Hinblick auf die Entwicklungen Ihrer Karriere?

Armin MaiwaldArmin Maiwald: Die Geschichte mit meiner Stimme und dass ich die Geschichte erzähle, das war ja eher Zufall. Das hab ich ja schon gestern Abend aus meinem Buch vorgelesen. Und heute meinen die Menschen, ich sei die „Stimme“ der „Sendung mit der Maus“. Ich versuche einfach, nie in eine andere Rolle zu schlüpfen oder mir ´ne Jugendsprache überzustülpen. Ich versuche, ich selbst zu bleiben, auch in der Ausdrucksweise und diese Authentizität wird anscheinend von den Zuschauern gemocht. Ich habe zum Beispiel auch nie einen Text vor mir, sondern spreche immer frei. Ich rede auch im Film so, ganz normal, ohne jetzt etwas besonders zu betonen, ohne besondere Schlagworte oder auch Fachworte, denn ich rede für die „Kurzen“ und Kinder kennen noch keine Fachausdrücke. Und deswegen muss ich halt jetzt damit leben, dass ich überall erkannt werde, wenn ich was sage. Ich erzähl halt einfach Geschichten, so wie ich sonst auch rede. Fertig aus. Das hat sich quasi von selbst ergeben.

Sie machen ja nicht nur „Die Sendung mit der Maus“, sondern sind auch Regisseur und Unterstützer vieler weiterer Kinder- und Erwachsenensendungen. Was ist Ihnen bei Ihrem Wirken als Teil der Medienkultur wichtig? Welche Überzeugungen wollen Sie damit kleinen und großen Kindern vermitteln? Sehen Sie sich mit Ihren Formaten auch als Brückenbauer, der Werte vermittelt?

Armin MaiwaldArmin Maiwald: Im Glücksfall: ja. Ich denke, ich kann „Brücken bauen“ zwischen den Kindern und ihren eigenen Eltern. Wenn die das zusammen anschauen, reden die hinterher auch darüber und wenn die das schon im frühen Alter machen, hoffe ich auch, dass da was weitergeht, es funktioniert. Dadurch aber, dass wir bei unseren Geschichten sehr genau hinschauen, rege ich die Leute auch an, die kleinen und die großen, dass sie selbst auch mal genauer hinschauen und die Dinge hinterfragen und nicht alles, was sie sehen als Wahrheit anzuschauen. Wenn das gelingen würde, wäre das schon toll, aber da haben wir natürlich keine Sicherheit. Das ist jedes Mal wieder ein neuer Versuch, in der Hoffnung, dass es klappt.

„Seine Stimme kennt jeder“ – mit diesem Satz wurde auch zur gestrigen Veranstaltung geworben. Nun sind Sie mittlerweile 76 Jahre alt und haben Ihre Autobiografie rausgegeben. Sie erzählen darin auch von vielen anderen Ereignissen Ihres Lebens, die nichts direkt mit der „Maus“ zu tun haben. Fühlen Sie sich manchmal auf Ihre Stimme reduziert? Und was gehört genauso unverwechselbar zu Ihnen wie Ihr so bekanntes Erzählen und Erklären?

Armin Maiwald: Also, ich glaube, zu mir gehört genauso die saubere Recherche, also eine Recherche, die, soweit es möglich ist, den Dingen auf den Grund geht. Das ist was anderes als sich, wie heute üblich, im Internet schlau zu machen. Bevor ich eine Geschichte anfange, wird die wirklich sauber recherchiert, was in den unterschiedlichen Bereichen ziemlich zeitaufwändig sein kann. Ich bin ja weder Mediziner noch Physiker noch bin ich Techniker oder Chemiker. Ich bin ein doofer Filmemacher, der von all diesen Dingen keine Ahnung hat. Und wenn ich ein medizinisches Thema habe, wie „woher weiß die Kopfschmerztablette, dass sie im Kopf wirken soll, obwohl sie doch erst in den Magen wandert?“ bin ich auf die Hilfe von Leuten angewiesen, die sich mit diesem Thema auskennen. Bei der „Kopfschmerztablette“ habe ich zum Beispiel ein halbes Medizinstudium nebenbei gemacht, weil ich ja erst einmal selbst begreifen musste, was da passiert.

Das ist hochspannend! Ich lerne also bei jeder neuen Geschichte immer auch selber was dazu und es wird damit auch nie langweilig. Bei meinen Geschichten gibt es immer etwas, was ich noch nicht gesehen habe und dazu dient die Recherche. Das ist der erste Schritt. Dann ist es aber notwendig, aus diesen Fakten eine Geschichte zu bauen, die möglichst nicht langweilig und auch kein Lehrfilm ist, sondern wir versuchen unsere kleinen und großen Zuschauer mit auf eine Reise zu nehmen. Und das passiert auf unterschiedlichste Art und Weise, weil wir es jedes Mal neu auf die Geschichte anpassen müssen. – wenn meine Stimme drauf kommt, dann ist der Film eigentlich schon fertig produziert und von daher gibt es vieles, was ich vorher zu leisten habe und wozu ich meine Neugier, meine Kreativität, Präzision und Geduld brauche. Das alles zusammen macht mich aus. Ganz zum Schluss natürlich auch meine Art, Geschichten zu erzählen. Außerdem habe ich neben der „Sendung mit der Maus“ auch viele andere Sendungen produziert, die gar nicht für Kinder waren, wie „Das Lustobjekt – oder: warum wir unser Auto so lieb haben“ oder „Ein Gänseblümchen wird entblättert – oder: Geschichten zum Ladenschlussgesetz“. Deren Sendeplätze sind mit der Zeit aber alle weggefallen, weswegen es sie heute nicht mehr gibt und weswegen mich die Leute halt alle mit meiner Stimme in der „Sendung mit der Maus“ identifizieren.

Sie sind 76 Jahre alt und haben Ihre Autobiografie veröffentlicht. Auch über die Firmennachfolge haben Sie sich bei Ihren beiden Kindern schon erkundigt, die ja beide leider abgesagt haben. Machen Sie sich manchmal Gedanken über die Zeit, die Ihnen noch bleibt und was soll – auch bei der Maus weitergehen, wenn Sie mal nicht mehr aktiv beteiligt sind? Mit welchem inneren Antrieb arbeiten und leben Sie?

Armin MaiwaldArmin Maiwald: Ich mache mir nie Gedanken über die Zeit, die mir noch bleibt. Ich bin keiner von den Leuten, die das mit dem Metermaß abmessen. Da würde ich ja völlig verrückt werden, wenn ich wüsste, wie viele Tage ich noch zu leben habe. Mein Gefühl ist: ich muss jeden Tag leben, als sei es der letzte und möchte gucken, dass ich möglichst wenige Fehler mache und möglichst wenig Schäden hinterlasse. Meine Firma wird mein ältester Mitarbeiter weiterführen, das ist die Verabredung und ich hoffe, dass das dann irgendwie weitergeht, mit einer neuen Stimme natürlich. Solange die Qualität der Filme so bleibt und auch der Sendeplatz, und solange uns die Zuschauer auch mögen, wird´s die Sendung wahrscheinlich auch weiter geben. Momentan habe ich keine Befürchtungen und es sieht auch nicht so aus, als ob irgendein Programmdirektor das Ganze kippen würde, auch wenn unsere Sendezeit ja immer wieder verschoben wird. Mal sehen. Mein innerer Auftrag vor und hinter der Kamera bleibt in jedem Fall der alte, journalistische Leitspruch: „ich bin nichts und niemandem verpflichtet, außer der Wahrheit“. Das ist alles.

Interview: Benedikt Ströher
Fotos: Georg Schraml

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