Tobias Ostermeier – Kabarettist, Dozent, Trainer

Tobias Ostermeier

Brückengespräch am 09. Juni 2016 im Statt-Theater Regensburg |

Als ich dich wegen eines Interviews angefragt habe, hast du gleich das „Statt-Theater“ als Tatort ins Spiel gebracht. Seit 1984 gibt es diese Regensburger Institution hier in der Winklergasse; seit 2005 bist du dabei. Was ist das Besondere an diesem Veranstaltungsort und welche Rolle spielt er für dein Schauspielerleben?

Tobias Ostermeier im Gespräch mit Benedikt StröherTobias Ostermeier: Dieser Veranstaltungsort ist für mich wie ein zweites Wohnzimmer – mit den 72 Sitzplätzen hat er hat ja auch ungefähr die Größe eines Wohnzimmers. Dadurch, dass ich so oft hier spiele – in den ersten Jahren bis zu 95 Aufführungen allein hier im Haus; jetzt sind es noch knapp 75 – ist das Haus schon mein absoluter Schwerpunkt. Mehr als 150 Auftritte im Jahr kannst du eigentlich nicht spielen, dh. die Hälfte der möglichen Auftritte spiele ich hier. Von daher hat diese Bühne auch einen besonderen Stellenwert für mich: ich probe hier, ich trete hier jeden Abend auf; hier wird gerungen um Text und manchmal auch miteinander und: ich spiel auch mit verschiedenen Arrangements hier. Auf der einen Seite mit dem „Kabarett-Ensemble“, das nicht mehr wegzudenken ist aus meinem Leben und auf der anderen Seite bin ich seit 2002 mit dem Improtheater hier. Ab und an wirke ich auch bei einer Theaterproduktion mit, wie zB. „Der Messias“, den wir über acht Jahre jedes Jahr zur Weihnachtszeit gespielt haben.

Ich spiel also die verschiedensten Sachen hier und tu das auch total gern. Hier fühlt sich selbst eine Premiere, die ja an sich ein wenig kitzlig ist, sehr vertraut an, weil hier die Texthänger mit den Gästen völlig unkompliziert sind. Was auf der großen Bühne vielleicht ein Drama wäre, ist hier schon fast förderlich für die Stimmung, weil die Leute einfach merken, wie nah wir sind. Dass diese unglaubliche Nähe unser großes Plus ist, bekommen wir auch immer wieder rückgemeldet. Hier unten erleben sie uns hautnah und oben bekommen sie die Tickets und das Bier von uns in die Hand gedrückt. Das ist schon sehr besonders. Die Bühne hat was total familiäres, ist für mich Heimat. Wenn ich hier im April eine Premiere spiele, dann geht für mich das Jahr erst richtig los.

Nicht jeder weiß, dass du eigentlich Sozialpädagogik mit dem Schwerpunkt „Erwachsenenbildung“ studiert hast. Wie kam es dazu, spielt es auch heute noch eine Rolle und wann hast du dich dazu entschieden, dein Glück auf der Bühne zu suchen?

Tobias Ostermeier im Gespräch mit Benedikt StröherTobias Ostermeier: Irgendwann in der 11ten Klasse wollte mein Mathelehrer nicht, dass ich das allgemeine Abitur mache. Dh., ich bin dann auf die FOS gegangen, weil ich nicht wiederholen wollte, was damals zur Folge hatte, dass ich nur das fachgebundene Abitur bekommen hab. Ich war dann also mehr oder weniger dazu verdonnert, auf die FH zu gehen, obwohl ich das gar nicht wollte. Im Zivildienst hab ich nämlich in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet, was mich ziemlich angesprochen hat. Psychiatrie war absolut faszinierend. Leider wäre es mit meinem Fachabitur aber wahnsinnig aufwändig gewesen, Psychologie oder Medizin zu studieren und den langen Atem für die Jahre, die das länger gedauert hätte, habe ich nicht gehabt. Die Sozialpädagogik ist mir dann mehr oder weniger über den Weg gelaufen und hat mich dann im Laufe der Zeit auch gefesselt, allerdings erst im Hauptstudium. Der Schwerpunkt „Erwachsenenbildung“ war folgerichtig für mich, weil ich immer schon Theater gespielt und Gruppen geleitet habe und wusste, dass das eine gute Methode ist, um Leute was näher zu bringen. Aus dem Studium heraus wollt ich dann gleich mit einem Kollegen ein eigenes Institut gründen, was sich schnell zerschlagen hat; die Begeisterung für die Sache aber ist geblieben und ich bin auch heute noch gern Trainer und Coach in der Führungskräfteausbildung. Dazu mache ich aber auch immer noch ganz klassische Sozialpädagogikthemen, wie z.B. Theateraktionen mit Menschen mit und ohne Behinderung und das steht oft im Zusammenhang mit meiner Lehrtätigkeit an der Fachhochschule. Die Sozialpädagogik gehört also ganz selbstverständlich zu meinem Leben dazu, genauso wie die Schauspielerei. In der Schauspielerei und der Sozialpädagogik geht´s um den Menschen. Was im Menschen vorgeht, was man aus dem Menschen rausholen kann, aus seinem Lebensumfeld …

Schon vor deiner Zeit hier im „Statt-Theater“ hast du mit dem ImproTheater „Chamäleon“ die Leute zum Lachen gebracht. Improvisieren heißt ja auch, in einer unerwarteten Situation spontan zu reagieren. Kann das grundsätzlich jeder Mensch – mit etwas Training – oder bist du da besonders veranlagt?

Tobias Ostermeier im Gespräch mit Benedikt StröherTobias Ostermeier: Ne, das kann jeder lernen. Und jeder kann seine Individualität einbringen; das ist das Interessante daran. Wir haben auch in unserer Impro-Mannschaft sehr sehr unterschiedliche Spielertypen und da kann es nicht der eine besser und der andere weniger gut. Die anderen Spielstyle, die jeder mitbringt, machen zusammen erst den Reiz auf der Bühne aus, wie zB. beim „ImproMarathon“, der in diesem Jahr am 9. Juli stattfindet. Da stehen Leute aus den verschiedensten Ecken Deutschlands miteinander auf der Bühne, die noch nie miteinander gespielt haben und trotzdem funktioniert es wunderbar. Und die Individualität, die jeder Einzelne einbringt, ist das wirklich Geniale.

Natürlich gibt´s dann aber Unterschiede, wenn man in den Profibereich schaut: bestimmte psychische Strukturen machen es einem leichter, wenn du, auf bayerisch gesagt, ein schönes „Leck mi am Arsch-Gfühl“ hast und nicht mit jeder Sache, die du falsch gemacht hast auf der Bühne, haderst. Für mich trifft das nicht hundertprozentig zu, weil ich mir schon viele Gedanken mach. Es gibt aber Improspieler, die herausragend sind, weil sie vielleicht mal Mist bauen auf der Bühne, aber sie spielen einfach nach vorne. Dieses nach vorne blicken und die nächste Szene gut spielen: das ist eigentlich eine Lehre für´s Leben. Die Fehler, die passiert sind, kannst du nicht mehr verändern. Du kannst es nur nach vorne hin besser machen. Und wenn du dieses Gefühl ganz tief in dir drin und als Persönlichkeitsmerkmal verinnerlicht hast, bist du von der psychischen Veranlagung her auch noch besser zum Improspieler geeignet. Das ist das einzige, was man vielleicht sagen kann.

Was tust du zB. wenn dir jemand in dieser Bühnensituation ganz unvermittelt einen Tacker unter die Nase hält? … Wie würdest du diesen inneren Prozess für Außenstehende verstehbar machen?

[Anm.: Großes Lachen aller Beteiligten; einer der Interviewpartner hat mittlerweile eine Clownsnase aufgesetzt.]

Tobias Ostermeier im Gespräch mit Benedikt StröherTobias Ostermeier: Du hast jetzt eine Clownsnase auf und das ist schon sehr interessant für die Improarbeit. Der Clown würde diesen Tacker jetzt anschauen, als würde er nicht wissen, was das ist. Er würde ihn von allen Seiten untersuchen und würde dabei feststellen, dass der ein Geräusch machen kann und würde dabei erschrecken. Das wäre ein Ansatz. Den Tacker entdecken als Ding, in seiner Funktion. Ganz basisch, sozusagen. Beim Improspiel fragen wir ja auch das Publikum nach Gegenständen für unsere improvisierten Szenen und wenn dann einer sagen würde: ein Tacker, dann ist relativ wahrscheinlich, dass wir das in einer Büroumgebung spielen, in der ein Tacker vorkommt. Es kann aber auch sein, dass wir nach einer anderen Methode – wir sagen dazu: „den Stein weit weg werfen“ – extra nicht im Büro beginnen, sondern ganz woanders, um dann selber drauf hin zu arbeiten und wir diesen Tacker dabei brauchen. Im MacGyver-Style zB., dass wir im Helikopter sitzen und uns mit dem Strick am Sitz festtackern, um nicht rauszufallen. [Anm.: wieder allgemeines Lachen]

Du bist, wie gesagt, Sozialpädagoge und Schauspieler – heute vereinst du beide Seiten, in dem du an der OTH „Theater als Methode der Sozialen Arbeit“ und in der Wirtschaft Führungskräfte in Sachen Motivation und Leitungskompetenz unterrichtest. Welche Rolle spielt dabei der Humor und was würde dir fehlen, wenn du – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr auf der Bühne stehen könntest?

Tobias Ostermeier: Dann würde mir die Basis für genau diese Arbeit fehlen – also sowohl für das Lehren des Theaters an der OTH als auch für diese Businessjobs, weil ich das, was ich im Theater mache, immer als Philosophie in meinen Background mit mir trage und versuche, das in den Workshops auch rüber zu bringen. Und wenn ich nicht mehr auf der Bühne stehen könnte, dann würde das nicht mehr funktionieren.

Und was würde dir fehlen, wenn du das Theaterspiel nicht mehr hättest?

ostermeier-2016-1050977Tobias Ostermeier: Unabhängig vom Beruflichen: hm, ich glaub, jeder, der auf die Bühne geht, ist süchtig nach diesem Applaus, nach dieser positiven Rückmeldung. Das würde mir natürlich fehlen. Und dieses immer wieder was Neues ausprobieren können und testen müssen, wie bei Premieren. Zu schauen, ob dieses Neue funktioniert. In diesem Jahr habe ich zB. zum ersten Mal ein Solo auf hochdeutsch. Diese Figur funktioniert aber. Und sie irritiert – und das ist nochmal ein Punkt: die Leute ein wenig irritieren zu können. Die Welt wird ja immer ironieresistenter. Damit zu experimentieren ist schon sehr spannend. Ich möchte ein Kabarett mit Figuren machen, die die Menschen dazu anstiften, um die Ecke zu denken; mit Figuren, die auch mal ein wenig wenig „political correct“ sind.

Im Theater und Kabarett bist du ein Chamäleon, ein wandelbarer Künstler. In „Harold & Maude“ hast du sogar Regie geführt. Wie erwähnt bist du Sozialpädagoge und lehrst du an der Uni und in der freien Wirtschaft. Wahrscheinlich hast du sogar auch ein Privatleben. Wie schaffst du es, diese vielen verschiedenen Rollen authentisch zu leben und Teil deiner Identität sein zu lassen? Also: wer bist du? Oder leichter gefragt: wie würden deine Schauspielerkollegen und Freunde den „Tobi Ostermeier“ beschreiben?

[Anm.: TO bricht in großes Lachen aus.]

Tobias Ostermeier im Gespräch mit Benedikt StröherTobias Ostermeier: Hm, kommt drauf an, ne, wobei – die meisten sagen wahrscheinlich dasselbe. Ich zitier mal meinen lieben Freund Florian Toperngpong, der vor kurzem über mich geschrieben hat: „ein krafthormonstrotzender Tausendsassa“. – stimmt aber eigentlich gar nicht. Eigentlich führ ich ein ziemlich gemütliches Leben mit sehr vielen verschiedenen Baustellen, aber ich leg großen Wert darauf, dass ich – fast – jeden Tag mit meiner Familie frühstücke. Ich kann auch 50-70% der Mittagszeiten mit meiner Familie Mittagessen, weil es mir meine Jobs einfach ermöglichen. Da bin ich Nachmittag im Training und dann abends auf der Bühne. Natürlich gibt’s auch die Tage, die sehr voll und anstrengend sind und wo ich von einem Konzert mit Donikkl in ein Seminar und ein Training und dann am anderen Ende Deutschlands in eine Aufführung hechte. Es gibt so Wochen, aber es gibt auch so Wochen im Sommer, wo der Tag relativ frei ist und ich mit meiner Frau und meinen Kindern ins Fitnessstudio gehen kann, nachdem wir miteinander gefrühstückt und Mittag gegessen haben. Das mit meiner Freiberuflichkeit ist auch so gewachsen und war nicht so von jetztaufgleich. Während meiner Studienzeit hab ich begonnen bei der „Stadtmaus“ zu arbeiten und das hat mich damals schon glücklich gemacht. Irgendwann hat mich jemand von der „Audiakademie“ gefragt und auch das ist zu einem tollen Puzzlestein geworden. Und dieses berufliche Puzzle kann ich selber aktiv gestalten – ich kann zu jedem Job „ja“ oder „nein“ sagen und daher kann ich sagen: der, der ich bin, das ist der, der all diese Sachen mit einem großen Selbstgestaltungswillen und eine großen Freude macht und der in der Mitte auch ganz viel Zeit für seine Familie lässt. Die zwei Kinder, die ich hab und meine Frau sind für mich das größte Geschenk auf Erden.

Ich stell mir vor, dass du als Kabarettist einen besonderen Blick auf das Alltagsgeschehen hast, weil das ja oft Thema deiner und eurer Programme wird. Du legst einen besonderen Blick darauf, um ihn uns, deinen ZuschauerInnen vor Augen führen zu können und uns zum Nachdenken zu bringen. Das ist aber nur meine Interpretation. Wie siehst du das? Welchen Sinn hat dein Tun als Schauspieler? Was ist deine Aufgabe? Was bewirkst du damit?

Tobias Ostermeier: Also zum ersten Teil der Frage: es ist in der Tat so. Den Alltag muss man als Kabarettist beobachten. Jeder von uns tut das ja, indem er Nachrichten schaut und sich über youtube/twitter/facebook informiert. Alles bietet Input fürs Kabarett. Da kommst du ja teilweise mit dem Mitschreiben nicht mehr mit. Das ist teilweise so witzig, was Politik und Öffentlichkeit liefern – das kannst du dir ja nicht überlegen! Im Grunde ist es dann meine Aufgabe, diese Inputs auf eine noch interessantere Weise zu verarbeiten.

Tobias Ostermeier im Gespräch mit Benedikt StröherUnd der zweite Teil der Frage nach dem, was ich bewirken kann. Puh. Wenn man mit dem Ansinnen rangeht, dann ist man zum Verzweifeln verdammt. Man ist als Künstler ja nur ein kleines Rädchen in einem riesengroßen gesellschaftlichen Getriebe. Und wir als Turmtheater mit unsere 12.000 Besuchern jährlich … so viele Leute erreichen wir und denen geben wir den einen oder anderen Gedanken mit. Ich als Schauspieler bin froh, wenn die ZuschauerInnen sagen: ich war gut unterhalten und ich hab ein Thema mal von einer anderen Seite beleuchtet gesehen, die ich mir selber noch nicht so überlegt habe. – aber dass man damit etwas verändert: dieses Ansinnen sollte man als Kabarettist nicht haben, sonst verzweifelst am Leben. Ein bisschen  Unterhaltung mitgeben, intelligente Unterhaltung und den einen oder anderen Gedanken – that´s it. Mehr sollte man nicht wollen.

Und wenn doch? Was würdest du wollen? Was sollte dabei raus kommen?

Tobias Ostermeier: Verändern will ich eher in Trainings. Da nutze ich dann diese Fähigkeiten, die wir auf der Bühne tagtäglich trainieren und uns irgendwann angeeignet haben und versuche sie Leuten zB. aus der freien Wirtschaft mitzugeben, um sie aus Ihrem Scheuklappendenken raus zu locken. Wenn ich in der Führungskräfteauswahl arbeite, dann merk ich, wie stark die unter Druck stehen. Da vermittle ich dann Ansätze körperlicher oder auch geistiger Art, die ihnen helfen, die Anspannung, die das Atmen, ja sogar das Denken blockiert, zu lösen. Da verändere ich ganz konkret.

Veränderung ist also ein Ziel; aufbrechenTobias Ostermeier: Ja. Veränderung geschieht z.B. auch bei meinen Studierenden. Ich will sie zwar nicht verändern, aber ich will ihnen was mitgeben, womit sie gerne arbeiten und was bewirken können. Man bewirkt also – „bewirken“ wäre vielleicht das bessere Wort als „verändern“. Bewirken. Und ab und zu bekomm ich dann auch ne Rückmeldung von einem ehemaligen Studenten, der mir erzählt, dass er das und das ausprobiert und das auch noch funktioniert hat – und das macht mich dann schon sehr glücklich!

Stücke wie „Der Messias“ oder „Santaland Diaries“ oder der beliebte Bühnenblick auf die – zugegebenermaßen streitbare – Institution „Kirche:. Ist diese inszenierte Religiosität nur was für dein Schauspiel oder spielt sich dein Leben – auch wegen deiner früheren Tätigkeit bei der Kath. Jugendfürsorge – auch vor dem Hintergrund einer größeren Wirklichkeit ab? Was, glaubst du, steckt hinter dem „großen Vorhang“? Was gibt dir Sinn?

ostermeier-2016-1050952Tobias Ostermeier: Hm. Gehen wir mal aus von „Der Messias“ – ist ja so was wie der Vorgänger von „Life of Brian“, weil wir die Geschichte bis kurz vor den Zeitpunkt der Geburt Jesu erzählen. Da wird also schön alles durch den Kakao gezogen, was für hartgesottene Katholiken schon harter Tobak sein könnte. Und auch „Santaland diaries“ nimmt auf sehr satirische Weise diese unglaubliche Konsumwelt in den USA aufs Korn. Das kann man also nicht als Andeutung für eine tiefere Religiosität bei mir nehmen – also diese Stücke zumindest definitiv nicht. Ich bin kirchlich verheiratet, hätte meine Frau aber auch ohne kirchliche Hochzeit genauso geliebt, wie ich es heute tue. Irgendwie steckt schon eine Gläubigkeit in mir, die aber eigentlich nichts damit zu tun hat, wo ich mal beruflich engagiert war. – ich sehe die Kirche kritisch, aber ich sehe auch ihr Wirken im sozialen Bereich und das honoriere ich sehr. Was die Kath. Jugendfürsorge und die Caritas bei uns hier in der Region machen, das ist Wahnsinn und das können weder Staat noch Kommunen leisten.

Meine Frage war jetzt aber weniger auf die kirchliche Institution bezogen, sondern zielt eher auf deine Religiosität im Sinne einer Spiritualität. Natürlich ist „Kirche“ ein beliebtes Bühnenthema, aber wenn solche Themen bespielt werden, dann vielleicht auch deswegen, weil sie deine ZuschauerInnen und auch dich irgendwie berühren. Und sei es „nur“ die soziale Seite, die dort stark angesprochen wird.

Tobias Ostermeier: Ich zitiere in einem Programm Thomas Hobbes, wenn er sagt: „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.“ Ich glaub: eigentlich ist es so. Ich bin da vielleicht eher ein Pessimist. Es braucht aber den Geist, um was Gutes aus dem Menschen rauszuholen, denn das steckt auch in ihm drin. Wenn man ihn aber einfach so dahin laufen lässt, ist der Mensch anderen Menschen nicht unbedingt wohlgesonnen. Deswegen braucht es so was wie zusammenhaltende Institutionen und Konstrukte; deswegen braucht es so was wie Soziale Arbeit; deswegen braucht es Leute, die sich drum Gedanken machen, wie sie Menschen die Augen für andere Menschen öffnen und das mach ich auch, mit Führungskräften zB. Und von daher könnte man sagen, dass das vielleicht ein spiritueller, auf jeden Fall aber ein humanistischer Ansatz ist. Ich glaube, der Mensch würde ohne Einwirkung von außen nicht „gut“ handeln und deswegen bin ich stark dafür, dass wir unseren Geist anstrengen und wenn es dann einer begriffen hat, dann muss er es auch weitertragen. Diese Erkenntnis. Das Gute kommt nicht ohne Geistesanstrengung. – Das ist meine Überzeugung.

Internetseite Tobias Ostermeier: http://www.th-ostermeier.de/

Interview: Benedikt Ströher
Fotos: Georg Schraml

 

Schreiben Sie einen Kommentar